Manfred Todtenhausen

Bonpflicht für Einkäufe schadet Betrieben und Umwelt

Reichstagsgebäude Berlin

Wenn es um Bürokratieabbau und Vereinfachung geht, macht diese Bundesregierung immer viele Worte - ob im Koalitionsvertrag oder bei der Ankündigung von Gesetzen zur Bürokratieentlastung (BEG) wie etwa dem jüngsten BEG III, das am Ende schmaler ausfiel als von allen Beobachtern erwartet. Wenn es hart auf hart kommt, dann knickt die Unionsseite regelmäßig vor Sozialminister Hubertus Heil oder Finanzminister Olaf Scholz ein. Das war bei den Vorschlägen für die Vereinfachung der Mindestlohndokumentation so, das ist jetzt bei der Belegausgabepflicht durch das Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen so. Mit ihm will die Bundesregierung alle Handelsbetriebe verpflichten, ab dem kommenden Jahr einen Beleg an die Kunden auszuhändigen. Gerade das Bäckerhandwerk und der Einzelhandel haben bereits verstärkt darauf hingewiesen, dass eine solche Pflicht große Mengen an zusätzlichen Thermopapier-Ausdrucken produziert, deren Entgegennahme die Kunden aber heute auf Nachfrage überwiegend ablehnen. Dieser Hinweis war bereits in der Ausschussberatung im November von einer Mehrheit aus Union, SPD und Grünen nicht berücksichtigt worden. 

Die FDP-Bundestagsfraktion hatte hierzu nicht nur einen Entschließungsantrag eingebracht, mit dem wir die Anforderungen an die Gewährung einer Befreiung von der Belegausgabepflicht im Sinne der Verhältnismäßigkeit geregelt sehen wollen. Sondern wir haben in der vergangenen Sitzungswoche auch einen Gesetzentwurf eingebracht, der Ausnahmen von der Pflicht möglich macht, bis technische Lösungen ab September 2020 zur Verfügung stehen. Gemäß der derzeit gültigen Regelung des § 146a Abs. 2 S. 1 AO ist das nicht gewährleistet.

So aber rechnet alleine der Einzelhandel mit mehr als zwei Millionen Kilometern zusätzlicher Länge an Kassenbons im Jahr. Dabei führt die Belegausgabepflicht nicht zu einem weiteren Sicherheitsgewinn:  Bereits mit dem ersten Tastendruck beim Kassieren wird eine Transaktion eröffnet, die sich bei einer mit einer technischen Sicherheitseinrichtung (TSE) ausgerüsteten Kasse nicht mehr ohne Spuren löschen lässt. Dass Registrierkassen noch bis September 2020 ohne TSE betrieben werden dürfen, liegt daran, dass aktuell keine zertifizierte TSE auf dem Markt verfügbar ist, obwohl alle Kassen bereits zum Jahresbeginn 2020 die neuen Vorschriften erfüllen sollten. Hier haben sowohl die politischen Entscheider als auch die Industrie den Start verschlafen, und das Bundesfinanzministerium setzt mit der Bonpflicht noch etwas oben drauf.

 

Mit unserem Antrag wollten wir Freie Demokraten im Bundestag die Anforderungen für einen Verzicht auf den verpflichtenden Ausdruck von Kassenbelegen deutlich lockern.  Nicht nur CDU/CSU und SPD, sondern auch die Grünen haben sowohl den  Antrag als auch unseren späteren Gesetzentwurf abgelehnt. Erst seit Mitte Dezember hat sich nun Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier zu Wort gemeldet und unseren Forderungen angeschlossen - genauso wie der Wirtschaftsflügel der Union. Aber der Bundesfinanzminister und große Teile der SPD bleiben bei ihrer Position: Sie misstrauen den Bäckern und dem Handel lieber, als die Umwelt von zu viel Thermopapier aus elektronischen Kassenautomaten zu befreien. Statt auf die bestehenden Maßnahmen wie die Kassennachschau zu setzen und den Betrieben die Zeit zu lassen, bis funktionstüchtige zertifizierte Kassensysteme mit zeitgemäßer Technik zur Verfügung stehen, setzen Bundeskanzlerin und Bundesfinanzminister auf das Sprichwort „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“, obwohl auch die Bonpflicht das Problem nicht lösen wird, wie ein Blick nach Italien zeigt. So wird das nichts mit Entlastung von Handwerk und Mittelstand und mit dem Klimaschutz, wenn es bereits an einer solchen Frage scheitert. Und es kostet Vertrauen bei denen, die sich zu Unrecht weiteren aufwändigen Pflichten gegenüber sehen.

 

Hintergrund:

§ 146a Abs.2 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) sieht eine grundsätzliche Pflicht vor, allen Kundinnen und Kunden einen Beleg über jeden Geschäftsvorfall zur Verfügung zu stellen (sogenannte Belegausgabepflicht). Nach § 146a Abs.2 Satz 2 AO  können die Finanzbehörden hiervon bei dem Verkauf von Waren an eine Vielzahl von nicht bekannten Personen nach § 148 AO aus Zumutbarkeitsgründen nach pflichtgemäßem Ermessen befreien. Weiterhin sind nach § 148 AO seitens der Finanzämter für einzelne Fälle oder bestimmte Gruppen Erleichterungen möglich, wenn die Einhaltung der durch die Steuergesetze begründeten Buchführungs-, Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten Härten mit sich bringt und die Besteuerung durch die Erleichterung nicht beeinträchtigt wird. Das Bundesfinanzministerium hat jedoch eine Anweisung an die Finanzbehörden im Bundesgebiet herausgegeben, durch die die möglichen Befreiungsvorschriften nicht greifen.